Klartext
1AMT DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG
Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr
Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht
3109 St. Pölten, Landhausplatz 1
Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, 3109
Frau Mag. Mathilde Prantz
Beilagen E-Mail: post.ru1@noel.gv.at - Telefax 02742/9005/15160
Internet: http://www.noe.gv.at DVR: 0059986
Bürgerservice-Telefon 02742/9005-9005
RU1-BR-3/5971-2016
Kennzeichen (bei Antwort bitte angeben)
(0 27 42) 9005
- Bezug BearbeiterIn Durchwahl Datum
Dr. Angelika Beroun-Linhart
15512 30. Dezember 2016
Betrifft
Krems, Mag. Mathilde Prantz, Stellplatzverpflichtung und Ortsbildgutachten
"Offiziersgründe" Am Steindl - Krems
Sehr geehrte Frau Mag. Prantz!
Zu Ihren Anfragen darf ich Ihnen folgendes mitteilen:
1. Stellplatzverpflichtung:
Wie Sie selbst anführen, besteht nach § 63 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 2014, LGBl.
Nr. 1/2015 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 37/2016. die Möglichkeit, dass der
Gemeinderat eine höhere Anzahl von Stellplätzen sowie ein Beschränkung der Anzahl und
Breite der Ein- und Ausfahrten im Wohnbauland zur Schaffung von Flächen für den
ruhenden Verkehr auf angrenzenden öffentlichen Flächen – auch außerhalb eines
Bebauungsplans – in einer eigenen Verordnung festlegen darf, wenn es der örtliche
Bedarf, insbesondere in stark verdichteten Siedlungsbereichen, erfordert. Der örtliche
Bedarf kann aber auch dann schon gegeben sein, wenn die Bebauung nachverdichtet wird
bzw. im Einzugsbereich eine Quelle von verstärktem Individualverkehr vorliegt, wie z. B.
bei Schulen, Veranstaltungsbauwerken, etc
Diese Verordnung kann sowohl für den gesamten Gemeindebereich als auch für
abgrenzbare Teilbereiche im Sinn des § 29 Abs. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014,
LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung, erlassen werden.
2. Ortsbildgutachten:
Nach § 56 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 sind bewilligungs- und anzeigepflichtige
Bauwerke so zu gestalten, dass sie in einem ausgewogenen Verhältnis mit der Struktur
und der Gestaltungscharakteristik bestehender Bauwerke im Bezugsbereich stehen. Dabei
ist auf die dort festgelegten Widmungsarten sowie auf die Charakteristik der Landschaft,
soweit sie wegen des Standorts des geplanten Bauwerks in den Bezugsbereich
einzubeziehen ist, Bedacht zu nehmen.
Der Bezugsbereich ist zufolge Abs. 2 der von allgemein zugänglichen Orten zugleich mit
dem geplanten Bauwerk sichtbare Bereich, in dem die für eine Beurteilung relevanten
Gestaltungsprinzipien wahrnehmbar sind.
Struktur ergibt sich aus den Proportionen der einzelnen Bauwerke, deren Baumassen und
deren Anordnung zueinander.
Gestaltungscharakteristik ergibt sich aus den im Bezugsbereich überwiegenden
Gestaltungsprinzipien wie z.B. Baukörperausformung, Dach-, Fassaden-, Material-,
Farbgestaltung unabhängig von Baudetails und Stilelementen.
Gemäß Abs. 3 ist bei besonders ortsbildwirksamen Bauwerken weiters auf deren Wirkung
in Bezug auf das regionalspezifische sowie bau- und kulturhistorisch gegebene
Erscheinungsbild Bedacht zu nehmen.
Ohne im Detail nun auf das Gutachten eingehen zu können, sei bemerkt, dass die
vorliegende Expertise einen weiträumigen Bezugsbereich absteckt, aber
Beurteilungsparameter vermissen lässt bzw. diese nicht den im den Bildern festgehaltenen
und in der Natur feststellbaren Tatsachen entsprechen. - So wird beispielsweise zwar die
Dachlandschaft als heterogen, bestehend aus „Satteldach, Pultdach und fallweise
Flachdach“ beschrieben, jedoch sind im Bezugsbereich - sieht man von den
untergeordneten Zubauten zu den mehrgeschoßigen Gebäuden Am Steindl ab - lediglich
Satteldächer sichtbar. Die Flachdächer auf den beiden projektierten, auch in ihrer Größe
abweichenden prismenartigen Baukörpern stellen sohin einen Widerspruch dar, der
auffällig ist.
Wenn auch die Bebauungsdichte lediglich im Bebauungsplan ein Kriterium darstellt, so
sind per definitionem die Baumassen zu untersuchen und kann in der Schwarzweiß-
Darstellung durchaus eine Abweichung zum Umgebungsbaubestand festgestellt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. Erkenntnis vom
17.11.2015, Zl. 2015/03/0058 samt darin angeführten Verweisen) muss die Behörde ein
Gutachten nicht nur auf seine Schlüssigkeit, sondern auch auf seine Richtigkeit und
Vollständigkeit hin überprüfen (und ist sie auch gehalten, sich im Rahmen der
Begründung des Bescheides mit der Expertise auseinander zu setzen und diese
entsprechend zu würdigen).
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Auskunft gedient zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
NÖ Landesregierung
Im Auftrag
Dr. B e r o u n - L i n h a r t
Wirkl. Hofrat
Dieses Schriftstück wurde amtssigniert.